Multimode OM3 oder gar OM4
Der Wiederbelebungsversuch einer "toten" Faser
Seit geraumer Zeit haben die Faserhersteller neue Gradientenfasern für Multimode entwickelt, die OM3 und OM4. Laut Spezifikation der TIA haben diese Fasern ein modale Bandbreite von 1500MHz (OM3) bzw. 3500MHz (OM4). Konkret heisst das für 10G Ethernet Anwendungen, dass nun mit einer OM3 Faser Übertragungsstecken von einer Länge von bis zu 300m (bei OM4 sind es 550m) möglich sind.Das sieht soweit toll aus; Ist man nun etwas weitsichtiger und betrachtet die zukünftigen Entwicklungen in Richtung 40G oder 100G Ethernet, dann sieht man ganz schnell, dass die Fasern heute schon wieder an ihre Limits kommen. Beim IEEE 802.3ba 40/100GbE Standard spricht man vom 40G Base-SR4 (4 x 10G) und da redet man dann nur noch von 100m Streckenlänge bei einer OM3 Faser. Vergleichbar ist das mit der Problematik der im grossen Stil verbauten OM2 Faser.Bei 1G Ethernet waren damals noch 550m die Begrenzung, wobei bei 10G Ethernet diese Distanz auf 86m zusammenschrumpfte. Das sind traumhafte Vorstellungen, wenn man sich nun den Faserherstellern anvertraut und in seinem neuen Gebäude eine OM3 Faser verbaut. Es ist abzusehen, dass man in ein paar Jahren wieder an diverse Probleme stößt - so wie heute bei 10G Ethernet Installation auf OM1 oder OM2 Fasern.
Jetzt könnte man denken, dass diese Längen die Einbußen fortlaufender Entwicklungen sind und wir uns damit abfinden müssen - getreu nach dem Motto "das ist halt so". Glaubt man den Faserherstellern, dann trifft das auch zu. Aber schaut man etwas über den begrenzenden Tellerrad der Kabelverdriller, dann ist die Lösung eigentlich recht einfach:
Singlemodefasern haben in ihrem Jahrzehnte langen Bestehen gerade mal zwei entscheidende Sprünge vollzogen.Von der G.652 - eine Faser die auf 1310nm optimiert ist und die neuere G.655 - optimiert für 1550nm. Bei den Übertragungslängen hat sich aber im Gegensatz zur Multimodefasern nichts geändert. 10km für 1G Ethernet sind heute Standard und 10km für 10G Ethernet sind auch heute Standard, ohne wenn und aber! Dazu kommt noch, dass die reine Singlemodefaser heute sogar günstiger ist wie die OM3 oder OM4 Fasern
(Grund: heutige Multimodefasern bestehen aus unterschiedlichen und mehreren Glassorten (Gradientenfaser). Dieser Sandwitch-Aufbau ist durch ein aufwendigen Prozess in der Faserherstellung möglich.). Die Spleisse und die notwendige Anschlusstechnik (Patchfelder, Kupplungen, Stecker) befinden sich auf dem selben Preisniveau. Das Einzige was bei der Singlemode-Technik heute noch teurer ist sind die Transceiver - hier kann man mit einer 30 bis 50% höheren Investition rechnen. Doch diese Mehrkosten holt man mit der günstigeren Singlemode-Faser wieder rein.
Nicht zu vergessen ist außerdem der Einsatz von "mehrfarbigem Licht" d.h. der parallelen Übertragung mehrere Datenströme mittels WDM (Wellenlängen-Multiplex). Der heute weitverbreitete Einsatz von CWDM oder DWDM Systemen ist nahezu ausschließlich auf Singlemode-Fasern möglich .. und der damit realisierbare Bandbreiten Zugewinn (16-30 fache Faser-Kapazität) beträchtlich.
Neben den ganzen direkten Kosten gibt es aber ein vernichtendes Argument gegen die Multimode-Faser. Die mögliche Unsicherheit, dass man in ein paar Jahren die heute verlegten OM3 Fasern wieder aus den Wänden klopft. Warum? Weil die installierten OM3 MMF einfach zu lang für wirkliches - ich meine damit serielles - 100G Ethernet sind. Und ich vermute mal dieser Schritt wird gerade von einige Unternehmen vollzogen, nämlich denjenigen die heute 10G Ethernet auf ihren 100m langen OM2 Fasern fahren wollen. Es gibt aber noch eine andere Lösung. Man überträgt einfach 10 x 1G über die OM2 Fasern und aggregiert die Signale. Die Kosten für beide Schritte werden hoch sein - da bin ich mir sicher.
Viel Spass beim Kabel legen wünscht die Multimode-Lobby