Wir haben uns in den letzten Wochen der Problematik angenommen, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten viel Multimode-Faser in Gebäuden verlegt wurde. Damals kamen hauptsächlich OM1 (62,5/125) und OM2 (50/125) Fasern zum Einsatz. Soweit ist das kein Problem - jedoch wurden diese Fasern in den Netzplanungen für Geschwindigkeiten von 10 oder 100Mbit berücksichtigt. Auch der Umstieg auf 1G Ethernet stellte noch kein Problem dar. Nun aber steigen die Bandbreitenanforderungen an die Netze, v.a. die Anbindung der Access Switche wird mittlerweile immer öfter mit 10G Ethernet realisiert werden soll/muss. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass auf OM1 Fasern die maximale Länge mit 10G Ethernet bei 33m und bei OM2 ganze 86m beträgt. Verinnerlicht man sich diese beiden Zahlen mal und mapped sie in Gedanken auf die Größe eines Gebäudes, so stellt man schnell fest, dass die Strecken oft länger als 100m sind. Das ist auch historisch bedingt, denn Glasfaser wurde noch vor 10 Jahren immer dann eingesetzt wenn die 90+10m für Cat5 nicht mehr ausreichten.
Fragt man nun Glasfaserkabelhersteller nach Lösungsvorschlägen, so ist die Antwort meist so einfach wie niederschmetternd: „Wenn Sie 10G auf einer Strecke mit 100m realisieren wollen, dann müssen Sie eine OM3 Faser oder besser (für den Kabelhersteller) eine OM4 Faser verlegen!“ Diese Aussagen wollten wir so nicht stehen lassen, denn der Aufwand eine neues Faser in einem Gebäude einzuziehen ist immens – ganz zu schweigen von den Kosten. Deswegen haben wir uns daran gesetzt und Tests mit diesen alten Fasern gemacht. Wir wollten herausfinden, ob man die 86m Schallmauer bei einer OM2 mit regulären Optiken durchbrechen kann – und - soviel vorweg: Ja, es geht!
Testaufbau:
Unser Testaufbau war recht einfach – die Beschaffung jedoch etwas umständlich. Wir haben ein 15 Jahre altes Installationskabel mit 24 Fasern und einer Gesamtlänge von 80m hergenommen und in verschiedenen Kaskaden zusammengespleißt (allgemein haben wir akribisch darauf geachtet, dass alle eingesetzten Komponenten alt sind bzw. die Stecker eine mechanische Alterung aufweisen). Jede Kaskade wurde mit einem SC Stecker versehen und das ganze auf ein Patchfeld gebracht. Somit hatten wir die Möglichkeit eine Multimodestrecke von 80 bis 1920m zu patchen. Auf diese unterschiedlichen Strecken haben wir dann ein definiertes 10G Signal gebracht – dieses wurde von einem 10G Signalgenerator erzeugt. Am anderen Ende lauschte ein 10G Bit Error Rate Tester (BERT) und verglich das gesendete Muster des Signal mit dem empfangenen Muster auf der Empfangsseite. In anderen Worten: ein typischer BERT. Wir haben dann in den 80m Kaskaden die Strecke kontinuierlich verlängert. Das haben wir soweit getrieben, bis wir eine Fehlerrate von 10
-13 nicht mehr erreichen konnten (die 10
-13 ist ein typischer BERT Wert für 10G Ethernet). Das Ergebnis überraschte uns selbst. Wir konnten auf einer Strecke von bis zu 640m bzw. 1700m einen stabilen 10G Ethernetlink realisieren.
24 x 50/125 Fasern zu verschieden Kaskaden in einem Patchfeld zusammengespleißt und dann nach bedarf gepatched Welche „anderen“ Komponenten kamen zum Einsatz?
In erster Linie haben wir zum Testen einen 10G XFP LR mit 1310nm und einem DFB Laser genommen. Das waren die 640m! Die 1700m wurden mit einem 10G XFP ER auf 1550nm erreicht. Weiterhin haben wir für die Einkopplung des Lasers ein Mode-Conditioning-Kabel verwendet.
Fazit: nicht immer der Kabel-Lobby glauben und sprecht uns für einen Test auf eurer Infrastruktur an.
Der gesamte Test wurde freundlicherweise von Dirk Spieß unterstützt – eine Koryphäe der passiven Glasfasertechnik. Er hat die Strecken gespleißt und einzeln mit seinem OTDR eingemessen!
Disclaimer: wir können nicht behaupten, dass dieser Aufbau für alle im Feld installierten Fasern gilt. Wir haben aber stets darauf geachtet, dass wie oben beschrieben, alle eingesetzten Komponenten (bis auf die Optiken) so alt wie möglich sind. Es wird durchaus Fälle geben bei denen die 640m nicht erreicht werden können. Aber einen Versuch ist es allemal wert, bevor man anfängt die Wände für eine neue Glasfaser aufzuklopfen!Update: Vergangene Woche wurde ich zu einem Projekt dazu geholt, bei dem in 2010 eine 300m lange OM4 Faser verlegt worden ist – ganz frisch und schön mit dem OTDR eingemessen. Die Protokolle sahen auch gut aus. Allerdings war es nicht möglich mit den originalen 10G SR Optiken einen Link aufzubauen. Witziger weise sagt der OM4 Standard, dass bei 10G theoretisch 500m realisierbar sein sollten!
Den Kunden haben wir dann durch den Einsatz von unseren 10G LR Optiken erlöst. Der Link kam hoch und nach ca. 5 Monaten Stillstand auf der neuen Strecke, konnte nun zum ersten Mal Daten mit 10 Gigabit pro Sekunde fließen! (unter vorgehaltener Hand und leider nicht schriftlich hat der Hersteller der aktiven Komponenten mitgeteilt, dass normalerweise ab 250m den Einsatz von Singlemodefasern empfohlen werden!)
Hello,
sagt mal welche art von DFB-Laser habt ihr denn verwendet? Also welche nm? (Siehe
DFB-Laser ) Oder ist das generell egal für diesen Test? Würde mich nur interessieren, weil ich gerade im E-Technik-Studium viel dazu höre.
lg
Marvin
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